Körperbilder 4
Körperbilder in lebensgroßen Formaten sind dazu angelegt die Oberflächen zu durchdringen, zu öffnen, anzukratzen,
zu beschreiben. Sie zeigen das, was zwischen Ich und Welt steht. Die Haut 1:1. Die Gesichtslosigkeit reduziert das Individuum auf seinen Körper. Es ist sich selbst, wie dem Betrachter entfremdet.
Das nackte Fleisch ist nur noch Materie. Es ist der professionelle Blick eines Chirurgen auf sein Operationsfeld.
Die auf der Haut hinterlassenen, in sie eingefressenen Spuren zeigen die körperliche Anfälligkeit und Veränderbarkeit. Die Haut als Begrenzung der Körperhülle wird durchlässig und als angreifbar dargestellt. Distanziert und gleichermaßen bloßgelegt tritt jede Einzelheit hervor. Pigmentflecken, Druckstellen, Hautfalten und Ausbeulungen werden sichtbar. Runzeln, Wulste und Wölbungen zeugen von einer Haut, die nicht den Glanz des Schönen wiedergibt. Weder durch Krankheit noch gewaltsame Einwirkungen von außen gezeichnet, ist es die Haut, in die das Leben sich eingegraben
und eingezeichnet hat.
Die Darstellungen verweigern sich dem Diktat der ausdrucklosen, immer gleichen Schönheit und zeigen die Oberfläche
in aller Brutalität. Mit dem Kontakt der formbaren Materie Fleisch auf der festen Auflagefläche, verzerren und verschieben sich die Konturen des Körpers und formieren sich neu. Das Glas modifiziert und enthüllt den Charakter der Haut, die Poren öffnen sich und unter dem flexiblen Bindegewebe werden weitere Strukturen sichtbar. Weiche Hautlappen schieben sich an und ineinander und bilden Furchen und Falten. Sie werden zusammengequetscht, stülpen sich ein oder scheinen ungehemmt aus der Form zu fließen. Auf die Scheibe gepresst verliert das Fleisch seine Farbe, wird bleich, mattweiß bis grünlich und wirkt tot.
Der Exhibitionismus des radikal „Wahren“ verbreitet Unbehagen, weil wir Verfall, Vergänglichkeit und Sterblichkeit bewusst ignorieren, verdrängen oder per Bildbearbeitung retouchieren. Die gesellschaftlichen Strategien zur Vermeidung von Normverletzungen durch Hässlichkeit, Deformation und Unzulänglichkeit sind hochentwickelt. Werden die Regeln zur
Darstellung von Nacktheit durchbrochen, erscheint das Menschbild zwar authentisch, wird jedoch meist als schamlos und obszön bewertet.
Die Wahl der Formate dieser Körperbilder zielt darauf ab, eine Darstellung im Abbildungsmaßstab 1:1 zu geben. Erst durch Maximierung auf Körpergröße erlebt der Betrachter maximale Intimität, beunruhigende Nähe und zudringliche Direktheit. Die Wiedergabe mit Bildschirmauflösung auf der Internetseite kann deshalb nicht authentisch sein und birgt die Gefahr der Ästhetisierung, Verniedlichung und Verharmlosung. |
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #1
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #2
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #3
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #4
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #5
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #6
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #7
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #8
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Das Unbehagen am Rande der Schönheit #9
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